Sonntagsrückfahrkarten
mit 331/3
% Preisermäßigung
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Bereits vor dem Ersten Weltkrieg gab es in Oldenburg, Mecklenburg und Preußen preisreduzierte Sonntagsfahrkarten für Erholungszwecke. Während des Krieges wurden derartige Angebote aber stark reduziert; nach 1916 gab es bis zur Gründung der Reichsbahn nur noch in Mecklenburg 15 Verbindungen, für die Sonntagsfahrkarten ausgegeben wurden. Die junge Reichsbahn prüfte zu Zeiten allgemeiner Preissteigerungen und rückläufiger Fahrgastzahlen die Einführung preisgünstiger Fahrmöglichkeiten an den Wochenenden. Am 1. Juli 1921 wurden für das gesamte Gebiet der Reichsbahn versuchsweise Sonntagsrückfahrkarten eingeführt, die anfänglich noch einer Reihe von Einschränkungen unterlagen. So wurden sie nur von großen Städten zu Ausflügen in ländliche Gegenden mit maximal 60 km Reiseentfernung ausgegeben, aber nicht umgekehrt. Auch galt dieses Angebot zunächst nur für die 3. und 4. Wagenklasse in Personenzügen. Die Rückfahrt durfte dabei erst am Sonntag angetreten werden. Zu gleichen Bedingungen gab es derartige Karten auch an genau festgelegten Feiertagen. Die Bevölkerung nahm dieses Angebot ausgiebig an und auf vielfachen Wunsch wurden im Frühjahr 1922 die Einschränkungen gelockert, insbesondere wurde die Zahl der nutzbaren Verbindungen stark ausgeweitet; es wurden nun auch Fahrten vom Land in die Städte zugelassen. In einigen Fällen wurden sogar Sonntags-Sonderzüge eingelegt. Die Nachfrage entwickelte sich derart positiv, dass ab dem Frühjahr 1924 den Reichsbahndirektionen die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Angebote selber zu gestalten. So war es jetzt vielerorts auch möglich, Sonntagsrückfahrkarten für die 2. Klasse zu bekommen und die Entfernungsgrenzen wurden heraufgesetzt. Die Verkehrsauslastung der Züge an den Wochenenden konnte so deutlich gesteigert werden. Ab 15. April 1926 war die Benutzung von Eilzügen möglich und für die Rückreise wurde auch der Montag zugelassen, allerdings dann ohne Fahrtunterbrechung, um Mißbrauch durch Geschäftsreisende einzuschränken. | ![]() |
Während im Zeitraum von 1925 bis 1929 die allgemeinen Verkehrszahlen aufgrund der wirtschaftlichen Krise insgesamt sanken, stieg die Zahl der ausgegebenen Sonntagsrückfahrkarten von reichlich 91 Millionen im Jahr 1925 auf über 168 Millionnen 1929, wobei die durchschnittliche Reiseentfernung knapp unter 30 km lag. | |||
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Die Nachfrage nach Sonntagsrückfahrkarten entwickelte sich so stark, dass viele Züge an den Wochenenden bereits völlig überfüllt waren. Aus diesem Grunde wurde am 5. April 1927 die Benutzung von Schnellzügen (gegen Zahlung des vollen Zuschlags) zunächst probeweise und dann ab 1.Mai 1929 allgemein freigegeben. Allerdings bleib es den Reichsabahndirektionen freigestellt, einzelne Züge davon auszuschließen. Ab dem 1. Oktober 1930 war dann auch die Rückfahrt schon am Sonnabend möglich und es gab nun vergleichbare Angebote ebenso an Mittwoch-Nachmittagen. 1931 gab es im Gesamtbereich der Reichsbahn rund 60000 Verbindungen, für die Sonntagsrückfahrkarten ausgegeben wurden, in einzelnen Direktionen waren es bis zu 5600. | |||
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Obwohl die Auslastung der Züge um wenigstens 50% gesteigert werden muß, um die aus der Preisreduzierung von 331/3% resultierenden Mindereinahmen zu kompensieren, entwickelte sich die Sonntagsrückfahrkarte auch für die Reichsbahn zu einer sehr erfolgreichen Institution. Die Reichsbahndirektionen und viele größere Bahnhöfe warben mit einer Vielzahl von Broschüren, in denen neben den angebotenen Verbindungen auch weitere Informationen zu den Reisezielen gegeben wurden. Es wurden auch kombinierte Verzeichnisse der Verbindungen mit Fahrplänen und sogar mit Wanderkarten herausgegeben, mitunter in Zusammenarbeit mit den örtlichen Fremdenverkehrsinstitutionen. Auch für die Nutzer der Mittwochs-Rückfahrtkarten gab es Informationsblätter. | |||
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Sonntagrückfahrkarten werden nur für besonders bekanntgegebene Verbindungen ausgegeben und gelten:
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Sonntagsrückfahrkarte
für die 2.Wagenklasse |
Sonntagsrückfahrkarte
für die 3.Wagenklasse |
Übergangskarte für
Sonntagsrückfahrkarten von der 3. in die 2. Klasse |
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Das quarakteristische Erkennungsmerkmal der Sonntagsrückfahrkarten
war zu allen Zeiten der blaue Streifen. |
Blanko-Sonntagsrückfahrkarte 3.Klasse
Nach dem II. Weltkrieg wurden die Tarifbestimmungen teilweise geändert, insbesondere wurde in den 1960er Jahren der Sonnabend komplett mit in die Geltungsdauer einbezogen. Außerdem wurden sämtliche Verbindungen bis zu einer Entfernung von 100 km für Sonntagsrückfahrkarten freigegeben, dagegen die Zahl der Verbindungen über 100 km auf wenige Ausnahmen reduziert. Nach dem Wegfall der 3. Wagenklasse wurden auch Sonntagsrückfahrkarten für die 1.Wagenklasse ausgegeben. Die Geltungsdauer wurde von Sonnabends 0 Uhr bzw. 11 Uhr des Tages vor dem Feiertag bis 3 Uhr des Tages nach dem Wochenende/Feiertag erweitert. Für Fahrten an Mittwochen wurden keine Rückfahrkarten mehr ausgegeben. Jedoch konnten Schichtarbeiter, die regelmäßig an normalen Wochenenden arbeiten mußten, ersatzweise sogenannte Schichtarbeiterrückfahrkarten auch an beliebigen anderen Wochentagen erhalten.
Im Bereich der Deutschen Bundesbahn wurde das Angebot der Sonntagsrückfahrkarten etwa ab 1980 schrittweise reduziert. Im Bereich der Deutschen Reichsbahn waren Sonntagsrückfahrkarten noch bis zum Jahresfahrplan 1990/91 Tarifbestandteil!Leider hat die Deutsche Bahn AG dieses über Jahrzehnte bewährte und von den Reisenden gern genutzte Instrument zur besseren Auslastung der Personenzüge an den Wochenenden nicht für wert befunden, weitergeführt zu werden. Statt dessen wurde im Februar 1995 das aus Bahnsicht völlig unwirtschaftliche "Schöne Wochenendticket" eingeführt. Anstelle der beabsichtigten kostenneutralen Verbesserung der Auslastung von Nahverkehrszügen an den Wochenenden, hat es zu Mehraufwand und gestiegenen Kosten an den Wochenenden geführt. So angenehm dieses Ticket für den Reisenden im Einzelfall auch sein kann, stellt es für den kurzen Wochenendausflug keine Alternative zum Auto dar, da es unabhängig von der Fahrstrecke eine festen Preis hat.
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© Thomas Noßke 1998 - 2006 | www.epoche2.de | ![]() |
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